Eliteakademie im akademischen Jahr 2025

Chemie, Materialwissenschaft, Biochemie und Lebensmittelchemie

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Eliteakademie Chemie und Materialwissenschaft

Die Eliteakademie Chemie und Materialwissenschaften  im Rahmen der
School for Talents dient der Förderung der Besten unter den Studierenden der Fakultät 3 sowie der Förderung besonders begabter und motivierter Schülerinnen und Schüler der Klassen 10 und der Oberstufe.

Beitrag im studentischen Blog der Universität Stuttgart:
Als Schüler im Hörsaal - Nathanael begeistert sich für Chemie

Die leistungsstärksten Studierenden eines Jahrgangs werden durch fachbezogene Angebote gefördert, beispielsweise in einer Ringvorlesung von Professoren und führenden Wissenschaftlern der Fakultät, Kooperationspartnern anderer Fakultäten, Universitäten, Forschungseinrichtungen und der Industrie, und erhalten Unterstützung bei der Auswahl und Beantragung von außeruniversitären und Auslands-Praktika, Stipendien sowie einer aktiven Vermittlung von Forschungspraktika, Industrieexkursionen und Auslandsaufenthalten. Die Ringvorlesung wird im etwa 4-wöchigen Rhythmus stattfinden. Dabei schließt der intensive Diskurs eine grundlegende Einführung in die wissenschaftlichen Themen und deren wirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz ein, gefolgt von einer intensiven Diskussion durch die Teilnehmer. Der anschließende enge soziale Kontakt zwischen Teilnehmerinnen, Teilnehmern, Dozentinnen und Dozenten liefert einen wichtigen Beitrag zur interdisziplinären Verknüpfung. Das Angebot wird durch Industrie- und weitere Exkursionen, die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Tagung sowie durch besondere Berücksichtigung der Mitglieder der Eliteakademie zur Teilnahme an Kursen der Ferienakademie Sarntal ergänzt.
Mitgliedern der Eliteakademie wird während des Bachelor-Studiums ein früherer Zugang zu Master-Wahlveranstaltungen ermöglicht. Ergänzend haben die herausragenden Studierenden der Eliteakademie die Möglichkeit, am Fast-Track-Programm teilzunehmen, indem sie während des Masterstudiums verstärkt in Projekte einzelner Forschergruppen eingebunden werden. 
Jedes Jahr werden in den beteiligten Studiengängen bis zu vier Abschlussarbeiten aus dem Kreis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Eliteakademie zu einer besonderen Auszeichnung ausgewählt, mit einem Vortrag am Tag der Fakultät besonders hervorgehoben und mit einer Urkunde der Eliteakademie ausgezeichnet.
Auswahlverfahren:
Die Auswahl zur Eliteakademie erfolgt über eine Fakultätsauswahl. In die Eliteakademie werden die jeweils leistungsstärksten Studierenden der Lehrbereiche Chemie und Materialwissenschaften aus den Studiengängen Chemie Bachelor und Master, Lebensmittelchemie Bachelor, Materialwissenschaften Bachelor und Master sowie den Teilstudiengängen Bachelor of Arts Chemie und Master of Education Chemie aufgenommen. Die Auswahl verläuft über Studienfortschritt und Notendurchschnitt.

Besonders begabte Schülerinnen und Schüler nehmen mit den Studierenden zusammen an der Ringvorlesung der Eliteakademie Chemie und Materialwissenschaft teil. Außerdem erhalten Sie die Möglichkeit, innerhalb der Fakultät Chemie interessante Praktika durchzuführen sowie an einer wissenschaftlichen Tagung und ausgewählten Exkursionen teilzunehmen. Sie werden weiterhin bei der Teilnahme an Veranstaltungen des Schnupperstudiums inklusive dem Schnupperpraktikum Chemie, Schülerpraktika, dem Frühstudium sowie dem Kontakt und Zugang zu Forschungsgruppenleitern besonders berücksichtigt.

Die Bewerbung für das Programm findet zentral über die Homepage der Fakultät 3 der Universität Stuttgart statt.

Die Auswahl der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler aus den eingegangenen Bewerbungen trifft eine Auswahlkommission der Fakultät. Bewerbungsende war der 30. September 2024.

Die Auswahl der Schülerinnen und Schüler für das Schuljahr 2024/25 ist abgeschlossen. Eine Bewerbung ist erst wieder ab Juli 2025 für das Schuljahr 2025/26 möglich.

Flyer zum Download.

18.10.2024
Prof. Dr. Dr. Clemens Richert, Universität Stuttgart
Experimentelle Studien zum molekularen Ursprung des Lebens
22.11.2024
Prof. Dr. Albert Jeltsch, Universität Stuttgart
Biochemie – Den Rätseln des Lebens auf der Spur
17.01.2025
Prof. Dr. Michael Saliba, Universität Stuttgart
The Versatility of Perovskite Materials for Optoelectronics
19.02., 20.02., 25.02., 26.02. und 27.02.2025
Fehling-Lab, Universität Stuttgart
Experimentiernachmittag für Schüler*innen
11.04.2025
Prof. Dr. Anke Krüger, Universität Stuttgart
Kohlenstoff: Das Chamäleon unter den Elementen
voraussichtlich 24.05.2025
Exkursion
27.06.2025
Prof. Dr. Michael Buchmeiser, Universität Stuttgart
Feststoffbatterien
Juli 2025 (genaues Datum folgt)
Prof. Dr. Berthold Rasche, Universität Stuttgart
Experimentalvorlesung
Anschließend gemeinsamer Abschluss am Campus Beach

Ein riesengroßer Andrang an wissensdurstigen Schüler*innen und Studierenden bahnte sich zur Eröffnungsveranstaltung der Eliteakademie Chemie und Materialwissenschaft im akademischen Jahr 2025 den Weg in den Hörsaal V55.22. Da die Veranstaltung zugleich Teil des Stuttgarter Wissenschaftsfestivals war, nahmen zudem noch weitere naturwissenschaftlich Interessierte teil. So war im Hörsaal fast kein freier Platz mehr auszumachen.

Nach einem stimmungsvollen Einstieg, führte Professor Clemens Richert aus, worum es gehen sollte: „Wir werden heute nicht über Dinos sprechen, sondern über Moleküle und wie daraus Leben entstanden sein kann.“

Unser Planet Erde ist etwa 4,5 Milliarden Jahre als, relativ bald nach seiner Entstehung muss vor etwa rund 3,5 bis 4 Milliarden Jahren das erste Leben auf der Erde in Form von primitiven Einzellern entstanden sein. Dieser Ursprung des Lebens fasziniert Menschen seit vielen Generationen. Wie können Lebewesen aus unbelebter Materie entstanden sein? Die molekularen Bausteine des Lebens können Hinweise geben, die dabei helfen, diese Fragen zu beantworten.

Alles Leben scheint dieselbe auf DNA-Genomen und Proteinenzymen basierende Form zu haben. Die genetische Information der DNA-Sequenzen wird in der Zelle in Boten-RNA überschrieben und in Protein-Sequenzen übersetzt. Viele Fakten deuten jedoch darauf hin, dass es eine einfachere hauptsächlich auf RNA basierte Lebensform und damit einen Vorläufer-Organismus gab, aus dem sich die heutigen Arten entwickelt haben. Diese frühere Ära wird auch als „RNA-Welt“ bezeichnet. Doch selbst vor dem Vorläufer-Organismus, d.h. der "Urzelle", muss es eine molekulare Evolution gegeben haben, in der aus einfachen Molekülen funktionale Biomoleküle entstanden.

Die Theorie einer präbiotischen Suppe dominiert die Vorstellungen darüber, wie das Leben auf der Erde entstanden sein könnte. Danach sammelten sich organische Verbindungen in Tümpeln oder Urmeeren an und polymerisierten unter noch ungeklärten Umständen, wodurch zunehmend komplexere Makromoleküle entstanden, die schließlich die Fähigkeit entwickelten, ihre eigene Replikation zu katalysieren.

Experimentelle Belege für die Theorie der präbiotischen Suppe lieferte erstmals 1953 Stanley Miller. Er zeigte, dass wichtige Biomoleküle wie Aminosäuren unter simulierten Bedingungen der frühen Erde aus einfachen Gasmolekülen entstehen können.

Wie können nun aus diesen einfachen organischen Molekülen die ersten genetisch kodierenden Moleküle entstanden sein, wie können diese ihre genetischen Informationen an eine Tochtergeneration weitergegeben haben und wie können so im Laufe der Evolution selbstreplizierende Systeme entstanden sein? Replikation bezeichnet dabei in der Biologie die Vervielfältigung der Nukleinsäuremoleküle als Träger der Erbinformation einer Zelle, d.h. vor der Zellteilung muss das genetische Material dupliziert werden. Translation hingegen ist der Prozess, bei dem die mRNA in eine Aminosäuresequenz überführt wird.

Hier zeigt sich nun das Henne-Ei-Paradoxon: Was war zuerst da? Wie kann ein Gen abgelesen werden, wenn kein Enzym vorhanden ist, und woher kommt ein Enzym, wenn keine RNA vorliegt, welche die Protein- und damit Enzym-Synthese aus Aminosäuren steuert.

Was ist also Leben? Leben kann nur entstehen, wenn Reaktionen zwischen den Molekülen ablaufen. Eine Erklärung kann die Fähigkeit von RNA-Molekülen geben, die Replikation anderer RNA-Moleküle zu katalysieren. Damit besitzt RNA sowohl katalysierende Eigenschaften wie die Proteine als auch informationsspeichernde Fähigkeiten wie die DNA. RNA-Moleküle besitzen damit prinzipiell das Potential zur Selbstreplikation und können somit Vorläufer von Henne und Ei sein.

Dass ein enzymfreies Kopieren von RNA möglich ist, konnte Leslie Orgel unter relativ exotischen Bedingungen zeigen. Die enzymfreie Ablesung gelingt aber auch in wässriger Lösung mit in situ-aktivierten Nukleotiden, ja selbst, wenn die Abgangsgruppen Aminosäuren sind. Dies konnte in den Stuttgarter Labors gezeigt werden.

Ein weiteres Ziel war es, zu zeigen, dass Translation – also die Überführung der mRNA in eine Aminosäuresequenz auch Ribosom-frei möglich ist. Dies konnte die Arbeitsgruppe Richert ebenfalls zeigen: zumindest bis zur Ebene der Pentapeptide laufen tatsächlich Translationsprozesse mit hoher Ausbeute in Abwesenheit von Enzymen oder Ribosomen ab.

Professor Richert und seine Gruppe konnten damit anhand von Laborexperimenten aufzeigen, dass es für Reaktionen, die für die Evolution vor der eigentlichen Biochemie relevant sind, neue Perspektiven gibt.

Zum Abschluss ließ es sich Professor Richert nicht nehmen, die Teilnehmer*innen musikalisch mit dem Titel „We wish you well“ zu verabschieden. 

In der zweiten Veranstaltung der Eliteakademie Chemie und Materialwissenschaft des akademischen Jahres 2025 überreichte Professor Rainer Niewa unter dem Applaus der Teilnehmer*innen des aktuellen Jahrgangs den studentischen Teilnehmer*innen des vergangenen Jahres ihre Teilnahmebescheinigungen. Die Schüler*innen hatten ihre Bescheinigungen schon am Ende des vergangenen Schuljahres in ihrer jeweiligen Schule überreicht bekommen. Insgesamt erhielten 118 Schüler*innen und 27 Studierende, die regelmäßig an den Veranstaltungen der Eliteakademie Chemie und Materialwissenschaft teilgenommen hatten, die Bescheinigung. Wir freuen uns über diese große Resonanz und hoffen auf eine gleichbleibende Motivation der Teilnehmer*innen im neuen akademischen Jahr.

“Beim letzten Mal haben wir uns mit der Ursuppe befasst, dieses Mal gehen wir einen Schritt weiter und wollen mit der Biochemie einigen Rätseln des Lebens auf die Spur kommen.“ Mit diesen Worten schlug Prof. Rainer Niewa den Bogen zu der vorangegangenen Veranstaltung der Eliteakademie Chemie und Materialwissenschaft, um den aktuellen Vortragenden Prof. Albert Jeltsch einzuführen. Dieser griff die einführenden Worte gerne auf und begann mit den Worten: „Suppe habe ich Ihnen nicht anzubieten, dafür aber drei Gänge…“, womit er die drei Kapitel, in die er seinen Vortrag gegliedert hatte, meinte.

Im ersten Kapitel beschäftigte sich Professor Jeltsch mit der „Geschichte von Molekülen und Genauigkeit“. Kernfrage war, wie die genaue Weitergabe von Erbinformation funktioniert. Dass die Weitergabe der genetischen Information auf der Replikation der doppelsträngigen Struktur der DNA mit ihren komplementären Basenpaaren beruht, ist den Teilnehmer*innen aus dem Biologieunterricht hinlänglich bekannt. Dabei geschieht dieses Kopieren der genetischen Information aber fast fehlerfrei. Das menschliche Genom umfasst etwa drei Milliarden Basenpaare und pro Kopiervorgang entsteht weniger als ein Fehler. Wie kann das möglich sein? Tatsächlich bauen die DNA-Polymerasen sehr wohl Fehler ein, diese werden aber im Anschluss mit Hilfe des Proteins MutS erkannt und können dann repariert werden. Zur Fehleridentifikation versucht das Protein MutS ständig, die DNA zu biegen. Liegt eine Basenfehlpaarung vor, funktioniert dieses Biegen einfacher, da die Doppelhelix hier weniger stabil ist. Nun muss noch geklärt werden, welcher Strang der ursprüngliche Eltern- und welcher der neu synthetisierte Tochterstrang war, um den Kopierfehler gezielt im Tochterstrang beseitigen zu können. Wie dies abläuft, konnte bei Bakterien geklärt werden: In vielen Bakterien ist die DNA an GATC-Sequenzen methyliert. Die Replikation überführt diese DNA nun in einen hemimethylierten Zustand, was bedeutet, dass nur der ursprüngliche Elternstrang methyliert ist, der Tochterstrang jedoch nicht. An der fehlenden Methylierung kann dann erkannt werden, welcher Teilstrang der fehlerhafte ist. Dieser Fehler kann nun in einer DNA-Reparatur gezielt beseitigt werden. Zum Schluss muss die richtige Base noch methyliert werden. Hierzu wird die zu methylierende Base quasi aus der Doppelhelix herausgeklappt, wodurch der Doppelstrang an dieser Stelle zunächst aufgebrochen wird. Damit wird ein Zugriff für die Methylierungsreaktion ermöglicht.

Im folgenden, zweiten Kapitel nahm Professor Jeltsch die Zuhörer*innen mit in „Eine molekulare Geschichte von Männern und Frauen – Imprinting und der Kampf der Geschlechter“. Interessenkonflikte zwischen Geschlechtern treten bereits während der Schwangerschaft und Stillzeit auf. Aus der biologischen Sicht des Vaters sollten möglichst viele Ressourcen von der Mutter zum Kind hin verlagern werden, da die Überlebenschance eines Neugeborenen in früheren Zeiten direkt mit dem Geburtsgewicht zusammenhing. Demgegenüber sollte aus der biologischen Sicht der Mutter der Ressourceneinsatz begrenzt werden, da sie auch ihre eigene Gesundheit sicherstellen muss. Biologische Forschung hat gezeigt, dass jedes Säugetier – so auch der Mensch – einen Satz väterlicher und einen Satz mütterlicher Gene benötigt, da einige Gene ein ungewöhnliches Vererbungsverhalten zeigen. Diese etwa 100 Gene mit molekularer Prägung, sogenanntem Imprint, werden immer nur von der väterlichen oder nur von der mütterlichen Kopie abgelesen. Gene mit Imprint steuern das Wachstum des Embryos und des Neugeborenen. Während die väterlicherseits exprimierten Gene wachstumsfördernd sind, sind die mütterlicherseits exprimierten Gene wachstumshemmend. Imprints sind dabei DNA-Methylierungssignale, die in der Keimbahn generiert und im Zuge der somatischen Entwicklung in allen Zellen erhalten bleiben.

Im dritten Teil der Präsentation, stellte Professor Jeltsch die Frage, wie Mutationen in epigenetischen Enzymen Krebs verursachen können. Viele Patienten mit einem speziellen Lymphdrüsenkrebs zeigen Mutationen der Aminosäure Y641 in der EZH2 Protein-Methyltransferase im Tumorgewebe. Die Mutation sorgt dafür, dass im aktiven Zentrum durch eine Verkleinerung der Aminosäure Platz geschaffen wird, was zur Folge hat, dass anstelle von zwei Methylgruppen drei auf Histon H3 K27 übertragen werden können. Durch diese Dreifachmethylierung stimuliert das mutierte EZH2 eine Entartung der Zellen und somit Krebs. Die Blockierung der EZH2-Aktivität mittels eines spezifisch generierten Inhibitors ist damit eine neue therapeutische Option für Patienten, die von dieser speziellen Art der Tumore betroffen sind. In Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass die Tiere nach Gabe des entsprechenden Inhibitors überlebten und nicht wie Tiere ohne Inhibitor-Gabe starben. Diese Ergebnisse zeigen in exemplarischer Weise den Weg von biomolekularer Grundlagenforschung zu medizinischen Fortschritten, der nicht immer direkt und selten vorhersagbar ist.

„Wir haben mit Professor Michael Saliba als heutigem Referenten einen der einflussreichsten Wissenschaftler weltweit gewinnen können“, stellte Prof. Rainer Niewa den Vortragenden vor und stellte damit auch heraus, dass die Universität Stuttgart auf diesem Gebiet der Solarforschung ganz vorne in der Entwicklung neuartiger Materialien und deren Anwendung mitspielt.

Professor Michael Saliba begann seinen Vortrag zunächst mit einigen einleitenden Worten zur Motivation, warum eigentlich Solarzellen verwendet werden. Dazu betrachtete er die historische Entwicklung des Ausstoßes von Treibhausgasen. Mit Beginn der Industrialisierung ist ein steiler Anstieg der CO2-Konzentration in der Lust von etwa 280 ppm auf über 400 ppm heute zu beobachten. Auch beim noch schädlicheren Klimagas Methan wird ein deutlicher Anstieg beobachtet. Die Folgen sind der Zuhörerschaft sofort klar: Verstärkung des Klimawandels mit steigender Anzahl und Intensität von Extremwetterereignissen. Grund für die gestiegenen CO2-Werte ist die steigende Primärenergieproduktion, die vor allem aus Kohle, Öl und Gas gedeckt wird. Bisher stammen weltweit nur 2 – 4 % der Energieproduktion aus Solarenergie, obgleich die Sonne ein Vielfaches zur Verfügung stellt. Eine Stunde Sonne würde prinzipiell für die Versorgung der gesamten Erde für ein ganzes Jahr reichen! Die Sonneneinstrahlung ist am stärksten in der Nähe des Äquators, aber selbst in Süddeutschland sind noch etwa 1000 Sonnenstunden pro Jahr zu verzeichnen. Professor Saliba wies auf die Notwendigkeit des Baus von Stromtrassen von Nord nach Süd hin – im Norden, an der Ost- und Nordsee, kann mehr Strom aus Windenergie erzeugt werden, während im Süden die Sonnenscheindauer größer ist.

Solarzellen können in der Regel 30 bis 40 Jahre lang betrieben werden, wobei Deutschland weiterhin einer der größten Installateure von Solarzellen weltweit ist. Der große Einfluss der Politik wurde den Zuhörer*innen deutlich, als Professor Saliba eine Abbildung über die installierte PV-Leistung in Deutschland zeigte. Hier sind Veränderungen im Erneuerbare Energien Gesetz zu erkennen, indem Zeiten mit Stagnation oder auch Wachstum in der PV-Leistung deutlich werden, die mit einem Regierungswechsel korrelieren. Begonnen hat die Entwicklung der Solarenergieforschung bereits in den 1950er Jahren, da die Sonnenenergie die einzige verfügbare Energiequelle im Weltraum ist. So wurde der erste mit Solarzellen betriebene Satellit, Vanguard 1, 1958 in Umlauf gebracht und sendete sein letztes Signal 1964 – lange nachdem die Batterien erschöpft waren.

Ein Solarmodul besteht im Allgemeinen aus 60 Einzelzellen, die in Reihe geschaltet sind. Die einzelnen Solarzellen sind i.A. Silicium-Wafer die entweder aus polykristallinem oder einkristallinem Silicium bestehen. Um einkristalline Silicium-Wafer zu erhalten, wird aus einer Schmelze aus flüssigem Silicium nach dem Czochralski-Verfahren langsam ein Einkristall herausgezogen, der dann in runde Wafer-Scheiben geschnitten wird.

Um Solarzellen zu vergleichen, müssen die Labors, die sich damit beschäftigen, einen Sonnensimulator haben, der die Sonneneinstrahlung an einem standardisierten Frühlingstag nachstellt. Das Sonnenlicht kann mit der Schwarzkörperstrahlung sehr genau wiedergegeben werden.

In der Solarzelle wird die Solareinstrahlung in elektrische Energie umgewandelt. Hierzu ist zunächst der innere photoelektrische Effekt ausschlaggebend, bei dem in Halbleitern Elektronen durch die auftreffenden Photonen aus dem Valenzband in das Leitungsband angehoben werden, wobei die Energie der Photonen mindestens der Bandlücke des Halbleiters entsprechen muss. Der photovoltaische Effekt benötigt zusätzlich einen p-n-Übergang, wozu das Silicium dotiert werden muss. Bei der n-Dotierung werden Atome eingebaut, die über zusätzliche Elektronen verfügen, während bei der p-Dotierung weniger Elektronen und somit Löcher zur Verfügung stehen. Die Grenzschicht, ein sogenannter p-n-Übergang, sorgt schließlich dafür, dass die von den Photonen angeregten Elektronen durch das elektrische Feld in das n-Gebiet gezogen werden, während die entstehenden Löcher in die entgegengesetzte Richtung ins p-Gebiet wandern. Dies wird als photovoltaischer Effekt bezeichnet. Es entsteht eine Raumladungszone, welche den Stromfluss beim Anlegen einer Spannung nur in eine Richtung zulässt. In der Photovoltaik als Halbleiter verwendete Materialien sind vor allem Silicium (einkristallin, polykristallin oder amorph), Cadmiumtellurid und CuInGaSe2.

Aber nicht nur die genannten Halbleiter eignen sich zur Herstellung von Solarzellen. Professor Saliba stellte anschließend Materialien vor, mit denen er sich in seiner Arbeitsgruppe beschäftigt: organisch-anorganische Hybrid-Perowskite. Diese Materialien der allgemeinen Zusammensetzung ABX3 sind große Hoffnungsträger für die Herstellung effizienter und zudem kostengünstiger Solarzellen. Die genannten Perowskite sind Halbleiter, die im gesamten sichtbaren Bereich Licht absorbieren und emittieren. Neben der Anwendung in Solarzellen ist auch deren Anwendung für Leuchtdioden, Displays oder Sensoren interessant. Ein großer Vorteil dieser Perowskite ist, dass sie als dünne Schichten auch auf biegbare und flexible Träger aufgebracht werden können. Im Gegensatz zur Herstellung von Silicium-Halbleitern benötigt man zur Herstellung von Perowskit-Solarzellen keine hohen Temperaturen und auch keine Reinräume, in denen die Zellen hergestellt werden müssen, was sich positiv auf den Preis auswirken sollte. Auch die Kombination von Silicium mit Perowskiten, indem die Materialien aufeinandergestapelt werden, ist denkbar, was dazu führen sollte, dass die Wirkungsgrade der bisherigen Silicium-Solarzellen deutlich erhöht werden sollten.

Welche unterschiedlichen Beschäftigungsalternativen gibt es für einen Chemiker oder eine Chemikerin oder einen Materialwissenschaftler bzw. eine Materialwissenschaftlerin? Außer der Arbeit in einem Labor bieten sich in der Industrie vielfältige Beschäftigungsfelder z.B. im Produktmanagement oder auch im Außendienst. Viele dieser Arbeitsplätze sind auch bei mittelständischen Unternehmen angesiedelt. Ein solches familiengeführtes Unternehmen, die Firma BRAND / VACUUBRAND, besichtigten die Teilnehmer*innen der Eliteakademie Chemie und Materialwissenschaft im April 2025 in Wertheim. Bei BRAND arbeitet Dr. Christian Schurz, ein ehemaliger Doktorand des Arbeitskreises von Professor Thomas Schleid, als Produktmanager. Er hatte den Besuch in Wertheim möglich gemacht und hieß die ca.  40 Teilnehmer*innen der Eliteakademie Chemie und Materialwissenschaft zusammen mit seiner Kollegin Frau Dr. Barbara Richarz von VACUUBRAND herzlich willkommen.

Zunächst erhielten die Teilnehmer*innen Informationen über die BRANDGROUP, zu der die Unternehmen BRAND, VACUUBRAND, VITLAB und die Shared Service Gesellschaft BRAND INTERNATIONAL gehören. Die BRANDGROUP beschäftigt weltweit etwa 1.000 Mitarbeiter*innen und entwickelt, produziert und vertreibt hochwertige und innovative Laborgeräte sowie Vakuumpumpen und -systeme. Besonderer Wert wird im familiengeführten Unternehmen darauf gelegt, dass der Schwerpunkt der Entwicklung sowie der Produktion in Deutschland an den Standorten in Wertheim und Großostheim liegt.

So hat sich BRAND zu einem Weltmarktführer im Bereich der Liquid Handling- und Life Science- Produkte entwickelt. „Wir orientieren uns mit unseren Produkten am Kunden, seinen Anforderungen und Wünschen“, erklärte Dr. Schurz den Teilnehmer*innen. Deshalb sei es auch wichtig, dass im Produktmanagement Naturwissenschaftler arbeiten, die in ihrer Ausbildung selbst mit entsprechenden Produkten in Kontakt gekommen sind und über die Herausforderungen und Anforderungen im Laboralltag informiert sind. Auch wenn die Teilnehmer*innen vermutlich in ihren Laborpraktika noch nicht mit einem Pipettierroboter gearbeitet haben, eine Pipette, einen Messzylinder oder einen Messkolben von BRAND hatte sicherlich jeder schon einmal in der Hand. Diese Volumenmessgeräte aus Glas stellen so auch zu Beginn der Entwicklung der Firma BRAND die wichtigste Produktgruppe dar. „Wir stellen Premium-Produkte her: von Wertheim in die Welt“, stellte Dr. Schurz fest. Dabei ist für BRAND nicht nur die präzise Volumenmessung wichtig, sondern auch auf Nachhaltigkeit wird Wert gelegt, was bei wiederverwertbaren Verpackungen für die Rohmaterialien beginnt, aber auch durch materialsparende Rohstoffverwendung wie bspw. dünne Wände bei Pipetten zu sehen ist. Letztlich ist auch die hohe Qualität der Produkte und damit ihre Langlebigkeit ein Zeichen von Nachhaltigkeit, da diese Produkte nicht so schnell ersetzt werden müssen. Während BRAND sich auf Geräte aus Glas spezialisiert hat, stellt VITLAB Geräte aus Kunststoff her.

Die Firma VACUUBRAND ist schließlich auf Geräte zur Vakuumerzeugung, -messung und -regelung für den Grob- und Feinvakuumbereich im Labor spezialisiert. Vakuumpumpen, ob es nun um Schraubenpumpen, Drehschieberpumpen oder auch Membranpumpen geht – jeder der Teilnehmer*innen hat im Labor schon eine solche Pumpe eingesetzt. Wichtig ist hier, dass die Pumpen auch beständig gegenüber Chemikalien sind. Aber auch Spezialpumpen wie die Chemie-HYBRID-Pumpe, eine Kombination aus Drehschieberpumpe und Chemie-Membranpumpe, das lokale Vakuumnetzwerk VACUU·LAN, zur effizienten Vakuumversorgung für mehrere Arbeitsplätze oder auch die Schraubenpumpe VACUU·PURE, die erste ölfreie und chemiebeständige Vakuumpumpe für den Feinvakuumbereich, stellt VACUUBRAND her.

Nach der Einführung in die Unternehmensgruppe und dem anschließenden Mittagessen wurde die Studierendengruppe aufgeteilt und erhielt die Möglichkeit, einen Blick hinter die Kulissen von BRAND bzw. VACUUBRAND zu werfen und sich Produktionsstätten anzusehen.

Die erste Gruppe bekam dann einen Einblick in die Produktion bei Brand. Zunächst wurde im Biolabor die Bedeutung der Sterilitätstests für Kunststoffartikel erläutert. Auch die Anwendungstests von Transferpetten findet an diesem Ort statt. Mit dieser Kolbenhubpipette können ganz entspannt kleine und große Volumina effizient und ergonomisch pipettiert werden. Die Vorteile für genaue Pipettierserien vor allem in einem Biologie-Labor konnten die Teilnehmer*innen leicht nachvollziehen. Neben der Produktionshalle und dem Werkzeuglager gab es dann auch die Möglichkeit vom Showroom in den Reinraum hineinzusehen. Hier werden mit über 40 modernen Spritzgießmaschinen hochpräzise Kunststoffteile hergestellt. Neben Montage, Kalibrierung und Logistikzentrum wurde auch noch das Bedrucken von Glasgeräten gezeigt. Besonders angetan hatte es den Teilnehmer*innen aber, dass die Geräte zum Teil mit liebevollen Namen versehen waren und bei den Transferpetten Beschriftungsfelder mit niedlichen Bildchen angebracht waren. Im anschließenden Look & Feel konnten die Teilnehmer*innen abschließend noch die Produkte wie Transferpetten, Pipettierhelfer accu-jet und Dispenser auseinanderbauen und ausprobieren.

Die zweite Gruppe machte sich auf einen kurzen Fußweg zur etwa 600 m entfernt gelegenen Firma VACUUBRAND. Hier konnten die Gruppe u.a. den Klimaraum besichtigen. Die Temperatur in diesem Raum beträgt konstant 20 – 21 °C. Außerdem ist der Raum erschütterungsunempfindlich. Dies ist notwendig, um bspw. kunststoffummantelte Aluminium-Spindeln für Schraubenpumpen auf 4 mm genau schleifen zu können. Jede Spindel wird dann auch einzeln auf die Genauigkeit kontrolliert. „Im Bereich der Schraubenpumpen ist VACUUBRAND der einzige Hersteller für chemiebeständige Pumpen“, berichtete André Gegenwarth, der einen Teil der Gruppe führte, stolz. Auch die robotergesteuerte Bearbeitung von Pumpenbauteilen und das SAP-gesteuerte Hochregallager beeindruckte die Teilnehmer*innen. Spezialpumpen, die in kleiner Stückzahl hergestellt werden, werden an Einzelarbeitsplätzen zusammengebaut, während die „Renner“ an einer Produktionslinie zusammengesetzt werden. Eine solche Pumpe besteht aus mehr als 200 Einzelteilen. Auch hier endete der Rundgang mit einem Look & Feel, bei dem die unterschiedlichen Pumpen aus der Nähe betrachtet und noch näher erklärt werden konnten.

Zum Abschluss des Tages trafen sich alle Teilnehmer*innen noch einmal zu einem interessanten Austausch mit Mitarbeiterinnen aus der Personalabteilung – dort konnte man aus erster Hand Informationen zum Bewerbungs- und Einstellungsprozess erhalten, Mitarbeiter*innen aus dem Produktmanagement, der Anwendungstechnik und dem Außendienst, die von ihrem Arbeitsalltag berichteten, sowie einem Mitarbeiter, der sich – neben seiner Arbeit als Produktmanager – mit möglichen Ersatzstoffen für per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, sog. PFAS, beschäftigt. PFAS sind extrem stabil, was sie zu optimalen Chemikalien für zahlreiche Anwendungen macht, sie sind aber auch resistent gegen ihren Abbau. Durch ihre thermische und chemische Widerstandsfähigkeit entstehen Herausforderungen für die Entsorgung, unerwünschte Anreicherungen der Schadstoffe in der Natur und damit Umweltschäden sind möglich. PFAS können zudem erhebliche Gesundheitsrisiken für Menschen und Tiere darstellen. Wenn diese Stoffe von den Behörden verboten werden, hier gilt es, die europäischen Gesetzesregelungen zu beobachten und zu analysieren, müssen schnell Ersatzstoffe gefunden werden.

Für die Studierenden war es eine lohnende Exkursion, bei der sie einen guten Einblick in eine Tätigkeit nach der Ausbildung an der Universität erhalten konnten.

Ein besonders herzlicher Dank geht an Dr. Christian Schurz und Dr. Barbara Richarz, die diese Exkursion vorbereitet und durchgeführt haben, sowie allen Expert*innen bei BRAND und VACUUBRAND, die uns die unterschiedlichen Aufgabengebiete nahegebracht und erläutert haben, und für Fragen zur Verfügung standen.

Dieses Bild zeigt Barbara Schüpp-Niewa

Barbara Schüpp-Niewa

Dr.

Leiterin Eliteakademie Chemie und Materialwissenschaft

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